Sie sind hier: StartseiteArchiv > News 2001/2002 > 20020122 - Ehemalige > ehemalige 1

Die Kunst der feinen Unterschiede

Oliver Stumpf in seinem Bonner Büro

Der Landauer Oliver Stumpf leitet das Bonner Büro des deutsch-französischen Kultur-Bevollmächtigten Kurt Beck

 Von Michael Konrad

 

 Als Ministerpräsident Kurt Beck im Herbst 1997 zu Gesprächen nach Paris flog, wurde er von Vertretern der deutschen Botschaft und des örtlichen Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung am Flughafen abgeholt, die ihn zu seinen Gesprächspartnern bringen sollten. Einer der Begleiter war Oliver Stumpf Er kommt aus Landau, war damals 31 und freier Mitarbeiter der Stiftung. Der Diplom-Politologe mit den Schwerpunkten Öffentliches Recht und Französisch war außerdem Angestellter im Pariser Informations- und Forschungszentrum über Frankreich, er sammelte Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Franzosen.

„Ich habe die Leute manchmal abgeholt, bin den Mietwagen gefahren und habe auf der Fahrt in die Stadt ein Briefing über Politik und Wirtschaft der ‘République’ gemacht“, umreißt der heute 35 Jahre alte Stumpf den Teil seines Jobs bei der Ebert-Stiftung, als er Delegationen führender SPD-Politiker betreute: „Das hat mir viel Spaß gemacht.“ Gerhard Schröder, Günter Verheugen und Egon Bahr hat er auf diese Weise kennen gelernt. Und eben auch Kurt Beck, dessen Paris-Reise kein Zufall gewesen sein dürfte.

Ein gutes Jahr später wurde der rheinland-pfälzische Ministerpräsident zum Bevollmächtigen für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit ernannt. Ein Amt, das in Ermangelung eines Bundes-Kulturministers alle vier Jahre einem anderen Ministerpräsidenten übertragen wird. Stumpf, der sich von Paris aus in die Staatskanzlei beworben hatte, wurde im Januar 1999 Geschäftsführender Leiter des Bevollmächtigten-Büros in der Theodor-Heuss-Allee in Bonn. „Da kam mein Profil gerade zupass“, sagt Stumpf heute.

Der Landauer, der in der damaligen Garnisons-Stadt schon als Kind Franzosen kennen lernte, studierte später in Aix-en-Provence „sciences po“, also Politikwissenschaft. Und dabei hat er einen Unterschied festgestellt: „Das sehr elitäre Renommee des Studiengangs – ganz anders als in Deutschland.“ Das Gespür für die feinen Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Art, etwas zu tun, zu lassen oder aufzufassen, gehört für Stumpf mittlerweile zum Handwerkszeug.

Zu den Aufgaben des Bevollmächtigten Becks zählen der kulturelle Austausch, die Förderung der jeweiligen Partnersprache im eigenen Land, Ausweitung der zweisprachigen Schulzweige, Kooperation in der beruflichen Bildung und Förderung der Mobilität, beispielsweise durch Austauschprogramme. Dies geschieht auf deutscher Seite in enger Kooperation mit der Kultusministerkonferenz und dem Auswärtigen Amt (Stumpf: „Kaum strittige Punkte“). Die entsprechenden Beschlüsse werden bei Gipfeltreffen gefasst.

Nicht immer einfach ist die Arbeit im Vorfeld, wenn es um die gemeinsame Linie mit den Franzosen geht. In beiden Ländern werde ganz unterschiedlich an die selbe Sache herangegangen, sagt Stumpf. Auf deutscher Seite gehe es darum, eine „einheitliche Verhandlungsposition“ zu schaffen, einen Zeitplan zu erstellen und all das schriftlich niederzulegen, um das Papier bei passender Gelegenheit aus der Aktentasche zu zaubern.

„In Frankreich ist das etwas anders gelagert“, erklärt Stumpf. Da würden kaum je Papiere erarbeitet, sondern es werde flexibel verhandelt – und ebenso spontan am Verhandlungstisch entschieden. Das könne kreativ sein, berge aber die Gefahr, „dass man den Grad der Verbindlichkeit der einzelnen Positionen nicht durchblickt“, sagt der Pfälzer diplomatisch.

Soll heißen: Es ist Fingerspitzengefühl gefordert. Und „interkulturelle Kompetenz“, die nach Stumpfs Einschätzung nur durch Zusammenarbeit mit Menschen im Ausland erworben werden kann. Eben darin sieht der Landauer seine Stärke. Was nicht bedeutet, dass er alle Untiefen der deutsch-französischen Kooperation lächelnd umschifft: „Man muss offen miteinander reden“, stellt er klar.

Acht- bis zehnmal im Jahr reist Stumpf derzeit nach Berlin, genauso oft tut er seine Arbeit in Paris. Nahe an der Macht also? „In Sichtweite“, stellt der 35-Jährige klar. Möglichen Kontakt mit Beck und dessen engen Mitarbeitern in der Mainzer Staatskanzlei habe er nicht. „Ich leite Sitzungen, ich repräsentiere, und ich betreue Programme“, sagt Stumpf. Er schätze das Vertrauen, das Beck ihm entgegenbringe. Positiv sei außerdem, wie dieser für Detail-Informationen aus seinem Bonner Büro zugänglich sei, um dann immer wieder auch die Richtlinien vorzugeben. Mit Einflussmöglichkeiten habe das nur sehr am Rande etwas zu tun.

„Mir geht es um die Sache“, erläutert Stumpf. Im deutsch-französischen Alltag seien nun nicht mehr die großen Gesten der Versöhnung gefragt, die habe es schon gegeben. „Jetzt geht es darum, zielorientiert zusammenzuarbeiten.“

(RHEINPFALZ 28.12.2001)

© 2006 Max-Slevogt-Gymnasium Landau - Impressum