Als höhere Töchter noch Klavier spielten
Schülerinnen des Max-Slevogt-Gymnasiums spielen erfolgreich Boulevard-Theater in französischer Sprache
23.01.2002 Wenn ein junges Mädchen in Paris zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts einen passablen Gatten angeln will, ist es unerlässlich, dass sie Klavier spielt, auch wenn sie die Musik nicht besonders liebt. Wenn ein junger Mann aus der Provinz in der Hauptstadt reüssieren will, braucht er die nicht nur Protektion von Grafen und anderen Berühmtheiten, auch eine Liaison mit einer passenden Dame ist da sehr hilfreich. Wie beides auf einen Nenner zu bringen ist – oder auch nicht – zeigt mit verhaltener Komik der Einakter „Amour et Piano“ (Liebe und Klavier) des französischen Boulevard-Dichters Georges Feydeau, das drei Schülerinnen der „Abi-Bac“–Sektion des Max-Slevogt-Gymnasiums kürzlich im Haus der Deutsch-Französischen Gesellschaft mit Witz und Charme in französischer Sprache zur Aufführung brachten.
Die junge Lucile (Caroline Zang) übt recht missmutig Klavier und instruiert den Kammerdiener Baptiste (Ruth Steuerwald), den neuen Klavierlehrer – einen berühmten Maestro – sofort nach seinem Eintreffen zu ihr zu bringen. Sie schaut dieser Begegnung mit recht geringem Enthusiasmus entgegen, aber was tut ein Mädchen nicht alles, um sich als präsentable Gattin zu profilieren! Als Baptiste kurz darauf einen jungen Mann in den Salon führt, entspannt sich ein absurder Dialog zwischen den Darstellern. Édouard (Céline Löwer) wähnt sich im Salon von Mademoiselle Dubarroy, einer Schauspielerin von nicht ganz untadeligem Ruf, die in einem Show-Theater das ?kleine Barmädchen? spielt. Die Liaison mit dieser Halbweltdame, der das ganze männliche Paris zu Füßen liegt, soll seinen gesellschaftlichen Aufstieg in der Stadt beflügeln.
Lucile denkt, der Besucher sei der Klavierlehrer, spielt ihm vor, bittet um Unterricht, spricht über das Honorar, das ihre Mutter zu zahlen bereit ist. So nehmen die kuriosen Missverständnisse ihren Lauf. Édouard hat definitiv keine Ahnung vom Taktschlagen, redet für einen Musiker recht wirres Zeug und verwirrt die tugendhafte Lucile immer mehr mit seinen feurigen und recht eindeutigen Anträgen. Er verweist auf die berühmtesten Liebespaare der Weltliteratur: Romeo und Julia, Daphnis und Chloé, Abaelard und Héloïse (ach nein, Abaelard nun doch eher nicht – wohl eingedenk seines tragischen, der Liebe nicht zuträglichen Behandlung durch den Gatten seiner Geliebten) und versucht so, innigere Gefühle in der spröden jungen Dame zu erwecken. Doch kann er allerdings überhaupt nicht begreifen, wieso man ihm Geld anbietet, wo er doch bereit ist, für die junge Schauspielerin viel Geld auszugeben.
Auf dem Höhepunkt der Konfusion stellt sich heraus, dass Édouard im falschen Haus gelandet ist, Mademoiselle Dubarroy wohnt ein Haus weiter. Er entschuldigt sich für seine unpassenden Anträge, doch die reizende Lucile lehnt es nicht direkt ab, den äußerst charmanten jungen Mann wieder zu sehen.
Die jungen Damen aus der MSS 11 am Slevogt-Gymnasium boten eine absolut überzeugende Darstellung. Céline Löwer spielte mit Bravour und überzeugender Eleganz den selbstbewussten Provinz-Don-Juan, der sich seiner Erfolge bei den Damen absolut gewiss ist – auch wenn er intellektuell vielleicht nicht so ganz auf der Höhe ist. Caroline Zang gab die junge Lucile mit Charme und Grazie. In ihrem eleganten, vom Jugendstil inspirierten Gewand war sie nicht nur eine Augenweide für das Publikum, sondern eine Idealbesetzung für die wohlerzogene, aber doch recht eigenwillige Bürgertochter. Ruth Steuerwald als seine Herrin bewundernder Kammerdiener gab ihre Rolle dienstbotenmäßig steif und korrekt, aber mit viel Schalk im Nacken und sichtlicher Spielfreude.
Der Dank der Deutsch-Französischen Gesellschaft galt den begabten jungen Schauspielerinnen, Hans Weiland für die Regie, seiner Gattin Marie für die Organisation sowie der Kostüm- und Bühnengestalterin Irmtraud Müller. (sma)
RHEINPFALZ 23.1.2002