Günther Eich: Inventur - ein Parallelgedicht
10.03.2009 ABIventur 2009
Dies ist mein Ordner,
dies sind die Lernzettel
hier ist der Kuli
in meinem Mäppchen.
Abitur:
Mein Essen, meine Schokolade,
ich seh auf dem Tisch
den Glückskäfer sitzen.
Sitzt hier mit dieser
farbigen Mappe,
die mit ängstlichen
Blicken ich sehe.
Im Körbchen
sind ein paar Mutmacher,
denn einige sagen:
„Yes we can!“
So dient er jetzt zum Einkauf
unterwegs in der Stadt.
Die Kälte liegt
zwischen mir und der Sporthalle.
Das Ende
lieb ich am meisten:
nachts gönne ich mir,
was tags ich mir verdient!
Dies ist mein Ziel,
dies ist meine Erlösung,
dies ist mein Motto,
dies war mein LABIrinth.
Produkt von Isabelle Schreiner
und Marie Funck beim kreativen
Arbeitsauftrag in Deutsch
Und hier das Originalgedicht:
Günter Eich: Inventur
Dies ist meine Mütze,
dies ist mein Mantel
hier mein Rasierzeug
im Beutel aus Leinen.
Konservenbüchse:
Mein Teller, mein Becher,
ich hab in das Weißblech
den Namen geritzt.
Geritzt hier mit diesem
kostbaren Nagel,
den vor begehrlichen
Augen ich berge.
Im Brotbeutel sind
ein Paar wollene Socken
und einiges, was ich
niemand verrate,
so dient er als Kissen
nachts meinem Kopf.
Die Pappe hier liegt
zwischen mir und der Erde.
Die Bleichstiftmine
lieb ich am meisten:
Tags schreibt sie mir Verse,
die nachts ich erdacht.
Dies ist mein Notizbuch,
dies meine Zeltbahn,
dies ist mein Handtuch,
dies ist mein Zwirn.