Protokoll Exkursion Weimar
Tag 1
Es ist Mittwochmorgen, der 7 Oktober 2009. Wir Schüler aus den zwei Deutsch
Leistungskursen 12 warten diesmal ausnahmsweise nicht darauf, dass die Schulklingel zum dritten Mal den Unterrichtsbeginn ankündigt.
Denn die letzten drei Tage vor den Herbstferien werden dazu genutzt Weimar zu besuchen, wo gut 250 Jahre zuvor auch Goethe und Schiller verweilten.
Nachdem der Bus endlich vor der Schule vorgefahren ist, alle Koffer verstaut sind, und jeder seinen Platz gefunden hat, geht die Reise los.
Fünfeinhalb Stunden später bekommen dann auch die letzten noch etwas verschlafenen Schüler, die Ankunft mit, denn zur Einstimmung wird ein Text vorgelesen, der den ersten Eindruck Weimars beschreibt. Nicht ganz so schmutzig, wie im Text beschrieben erscheint das Städtchen auf den ersten Blick doch etwas klein und ruhig. Erster Halt ist nicht wie von einigen erhofft die Jugendherberge sondern die Anna- Amalia - Bibliothek.
Vor der Führung hat unser Deutschkurs noch eine halbe Stunde Zeit zur ersten
Orientierung, und schon jetzt fällt auf, dass der erste Eindruck sich zwar bestätigt, aber wir nicht die einzigen sind, die sich Weimar, als Ziel einer Exkursion ausgesucht haben.
Überall sieht man Schülergruppen, die mit Fotoapparaten und Stadtplänen bewaffnet sind.
In der Bibliothek angekommen, beginnt gleich darauf unsere Führung. Wir erfahren vieles über Weimar und die Anna-Amalia-Bibliothek:
Das Hauptgebäude der Bibliothek, erbaut von Dorothea Louise von der Pfalz und ihrem Gatten, wurde dann von Herzogin Anna Amalia als Bibliothek umfunktioniert und erweitert.
Ab dem neunten Jahrhundert war die Bibliothek für alle Bürger zugänglich.
Der 2004 fast völlig abgebrannte und nun restaurierte Büchersaal („Rokoko-Saal“), beeindruckt die meisten, nicht nur wegen der vielen dicken und alten Bücher sondern auch wegen der prunkvoll erscheinenden Fassade und den auffallenden Büsten, unter anderem von Wieland, Goethe oder Schiller.
Schon im 18. Jahrhundert wurde die Bibliothek durch einen Brand zerstört, teilt uns die „Führerin“ auf unserem informativen Rundgang mit.
Es ist sogar noch heute möglich die Bücher auszuleihen. Neben anderen historischen Gegenständen wurde uns zudem noch eine besondere Uhr eines Herzogs gezeigt, auf der dieser die vergangenen Stunden seines Lebens ablesen konnte.
Nach einer Stunde treffen wir wieder mit dem anderen Kurs zusammen und gemeinsam wird der Park an der Ilm, der direkt hinter der Bibliothek liegt, aufgesucht.
An Goethes Gartenhaus machen wir Halt und das Referat über englische
Landschaftsgärten und den Park sichert dann doch noch den Unterricht „am anderen Ort“. Danach ist es schon Zeit für das Abendessen in der Jugendherberge und die Zimmer werden bezogen.
Doch schon bald macht sich wieder Aufbruchsstimmung breit, da der Theaterbesuch des Stückes „Johanna von Orléans“ noch ansteht.
Wir laufen zu Fuß quer durch die Stadt ins Lagergebäude „e- werk“, in dem die
Vorstellung stattfindet. Sie wird uns von einer Jugendgruppe des Weimarer Theaters präsentiert.
Natürlich sind die Meinungen geteilt, denn die doch moderne Auslegung des Stückes irritiert einige. Unser erster Tag in Weimar neigt sich seinem Ende zu und etwas müde und erschöpft finden wir dann voller neuer Eindrücke den Weg in unsere Betten.
Tag 2
Weimar ist ein Dorf. So oder so ähnlich lautete unser Einführungstext auf der Hinfahrt und er bestätigte sich während des späten nachmittags, als wir drei Schauspielern des vorherigen Theaterabends über den Weg liefen. Nach ein paar freien Stunden, die einige bei Waffeln, Kaffee, anderen Getränken und ernüchternden Ausgehtipps von einer Kellnerin (deren Kollegin übrigens auch in Johanna von Orleans mitgespielt hatte) im wunderschön kitschigen Café verbrachten, trafen wir uns alle wieder in der Jungendherberge zu unserem abendlichen Nudelschmaus, in dem wir unter Anderem den liegengebliebenen Aufschnitt des allmorgendlichen Frühstücks wiedererkennen konnten. Wiedersehen macht Freude! Die einen waren froh, sich davor durch Kirsch-Schokoladen-Waffeln gestärkt zu haben, die anderen die sich im Verzicht übten, hielten es bis zur nächsten Pizzeria oder wahlweise zum nächsten MC Donald’s aus.
Nach dem nun alle Kraft getankt hatten, die Hemden gebügelt, die Frisur perfekt und die Wimpern getuscht waren teilten sich die Lager.
Während ein Teil unserer Frauen der zwei Deutschkurse, Frau Stübing und Frau Weisbarth den Abend mit einem Improvisation- Theaterbesuch begannen, waren die Jungs des Zimmers 109 schon von ihrem Pizzastreifzug zurück und amüsierten sich dort mit mitgebrachten Spielkonsolen und lustigen Anekdoten. Wiederum andere ließen sich trotz nicht wirklich überzeugend euphorischen Ausgehtipps nicht davon abhalten die „Ami-Bar“ zu erkunden, die sich wohl eher als „versiffte“ Bikerkneipe mit klebrigen Tischen und Zwiebelgeruch entpuppte, aber dafür mehr oder weniger mit wohlschmeckenden Cocktails entschädigte. Während dort also schon zum ausgelassenen Teil des Abends übergegangen wurde erzählte Annika gerade im Theater das Märchen der Burgunder Prinzessin, und nach Abschluss und dem wie immer zielstrebigen Abgang von Frau Weisbarth mit Frau Stübing im Schlepptau mussten die zurückgebliebenen Mädels sich erst einmal aus den Fängen der Münchner Schickeria und deren Geprotze mit den elterlichen Kreditkarten befreien- was zum Glück auch gelang nach dem die mit Verachtung gestraften Jungs ganz luxuriös mit dem Taxi davon fuhren. Aber wer brauchte das schon mit gut geübtem einheimischen Dialekt zur Anpassung an die Umgebung wurde eben zu Fuß der Rückweg in die Stadt angetreten, was bei allen zu großer Heiterkeit führte. Zu dieser Zeit wurde in der „Ami-Bar Molly Malone“ nicht einmal trotz wasserfestem Make Up das Gröbste verhindert und so verließen, dank der Rauchschwaden alle mit rot geweinten Augen und stinkend „the place to be in Weimar“.
Doch selbst wenn der Abend in Freiheit um 12 Uhr zu Ende war mussten alle noch einmal die Anwesenheitskontrolle abwarten, bei dieser jeder schön brav in seinem Zimmer wartete um „abgehackt zu werden“.
So wurde der Tag besiegelt mit langsam aber sicherem Zusammenpacken um ja am nächsten Morgen 5 Minuten länger schlafen zu können und bei manchen mit süßen Träumen an den gut aussehenden Schauspieler aus dem Jugend- Nationaltheater vom Vorabend.
Rosanna Scherer, Marius Becker, David Wünschel, Luise Steigelmann Deutsch LK1 MSS12
Tag 3
Am letzten Tag waren wir alle schon in Aufbruchsstimmung, da wir die Jugendherberge früh verlassen mussten. Nach dem Frühstück hatten wir noch ein paar Stunden zur freien Verfügung, dann trafen wir uns alle wieder am Bus und fuhren zum Konzentrationslager Buchenwald.
Dieses Lager bestand vom Juli 1937 bis zum 11.April 1945 und wurde durch die US-Armee befreit. In diesem Lager wurden Menschen aus ganz Europa gefangen gehalten und viele von ihnen fanden ihren Tod. Die Zahl der Opfer wird auf ca. 56000 geschätzt, davon sind 34375 Tote registriert. Jedoch vergisst man die Menschen, die auf den so genannten Todesmärschen starben oder auf anderem Wege hingerichtet wurden.
Auf der Fahrt zum Lager sahen wir einen Film, der uns auf den Besuch einstimmen sollte. Man erfuhrt Daten und Fakten über Buchenwald und dazu sprachen drei Zeitzeugen von ihren schrecklichen Erlebnissen in dem Lager.
Nach der Ankunft machten wir noch ein Gruppenfoto und gingen schließlich auf das Gelände.
Es war kalt und der Wind wehte uns um die Ohren. Das Wetter entsprach dem Ort, an dem wir uns befanden. Dort angekommen hatten wir noch eine viertel Stunde Zeit bis die Führung begann. Währenddessen konnten wir uns in der Buchhandlung der Gedenkstätte Buchenwald umsehen oder uns im Cafe nebenan etwas aufwärmen. In der Bücherei waren hauptsächlich Bücher über das Konzentrationslager Buchenwald, Sammlungen von Zeichnungen der Häftlinge und andere Informationen im Bezug auf die Zeit des dritten Reichs. Insbesondere berührten uns die Bilder und Zeichnungen von Kindern, welche in dem Buch „ Hier gibt es keine Kinder“ zusammengefasst waren.
Die gesamte Führung durch das Gelände des KZ spielte sich hauptsächlich im Freien ab, da nicht mehr alle Gebäude erhalten waren. Die Gruppe wurde in Kurse unterteilt und wir bekamen jeweils eine separate Führung durch das ehemalige Konzentrationslager.
Die Führung begann auf dem Karachoweg, der mit der Blutstraße endet. Dieser Namen entstand daher, dass die Menschen diesen Weg laufen musste, wenn sie ankamen und teilweise ließen die SS-Männer die Menschen von Hunden in das Lager hetzen. Wer nicht schnell genug war oder einfach zu wenig Kraft hatte, da er vom Transport gezeichnet war, entkam den Hunden nicht. So wie eine kleine Gruppe Kinder, die unerwartet in Buchenwald ankam und „nicht gebraucht wurde“. Die Häftlinge wurden mit verschiedenen Winkeln gezeichnet, um sie in eine bestimmte Gruppe einzuteilen (staatliche Verbrecher, Homosexuelle, Juden…). Diese Einteilung ging jedoch sehr schnell und war somit sehr willkürlich gewählt um die Häftlinge in verschiedene Arbeitsbereiche einzuteilen. Die schwerste Arbeit war das Schaffen im Steinbruch, hier überlebten die Häftlinge nur wenige Wochen. Auch hier benutzte die SS eine bestimmte Strategie um an der Macht zu bleiben und zugleich nicht dauernd mit den Häftlingen in Kontakt zu stehen. Sie bestimmten so genannte Hilfsmänner, dies waren Häftlinge, die die Aufgabe hatten, alles zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass die anderen Häftlinge auch wirklich arbeiteten.
Wir standen also auf dieser Straße und der Mann der uns durch das Lager führte, erzählte uns diese Tatsachen und erklärte das Lager, wie es funktionierte und wie es eigentlich einmal aussah. Denn allzu viel von den Gebäuden ist nicht mehr vorhanden. Das erste Gebäude, das wir sahen, war die Verwaltungsstelle des Lagers, der Sitz der Kommandantur.
Hier erfuhren wir, dass dort Karl Koch seine Grausamkeit auslebte. Sogar so weit, dass er von der SS selbst dafür bestraft wurde. Seine Frau soll Gerüchten zu Folge recht hübsch gewesen sein und sie ritt oft den Weg neben dem Lager entlang und provozierte die Häftlinge sie anzusehen. Wenn dies der Fall war, nannte sie die Nummer des Häftlings ihrem Mann und dieser ließ diesen dann bestrafen. Dadurch erhielt diese Frau den Namen: die Hexe von Buchenwald.
Doch dies ist nur eines der schrecklichen Ereignisse, von welchen wir erfuhren. Nachdem wir frierend und beklommen diese Geschichten aufgenommen hatten, gingen wir auf den Eingang des Lagers zu. Wir sahen die Uhr des Wachturms, die zur Zeit der Befreiung angehalten worden ist und blickten auf das Eingangstor des Lagers, auf dem stand: „ Jedem das Seine!“ Diese Schrift ist so angebracht, dass man es vom Appellplatz aus lesen konnte und sollte den Häftlingen Tag für Tag vor Augen führen, dass sie die Situation, in der sie waren, verdient hatten. Es war also eine tägliche Demütigung. Doch ist in der Machart der Schrift eine gewisse Art des Widerstandes zu erkennen, denn es ist in der Schrift des Bauhauses geschrieben, welches die Nationalsozialisten missachtet und schließlich auch verboten haben.
Der Mann, der uns dies zeigte führte uns nun in einen Raum des Gebäudes, zu einem Modell des Lagers. Es zeigte, dass die Anlage nicht nur dieser Bereich der Gefangen war, sondern dass Buchenwald einen eigenen Fabrikbereich besaß, in dem die Häftlinge Munition und ähnliches herstellen mussten. Zudem zeigte es den Wohnbereich der SS, also der Leiter und Aufseher des Lagers und deren Familien und den hauseigenen Zoo. Des weiteren erfuhr man, dass es zwei Lager gab, das Große und das Kleine, den so genannten „Pferdestall“. Dieser „Pferdestall“ war ein Inbegriff des Sterbens, da dort die hygienischen Bedingungen und die Versorgung mit Essen sehr dürftig waren. Der Mann erzählte, dass die Häftlinge auch Aufgaben der Organisation zugeteilt bekamen. Anfangs regierten die Kriminellen das Lager und es herrschte viel Ungerechtigkeit, jedoch übernahmen nach und nach die politischen Gefangen deren Aufgaben und verteilten das Essen gerechter und die Bedingungen im Lager wurden zunehmend besser.
Nachdem wir uns etwas aufgewärmt hatten, ging es in den „Bunker“. Das ist die andere Seite des Gebäudes, hier wurden auffällige Häftlinge bestraft und ermordet. Es sind einzelne Arrestzellen, in denen die Menschen gefoltert wurden. Ein Beispiel der Folter ist, dass man den Mensch für zwei Wochen in völliger Dunkelheit hielt oder ein anderes Beispiel ist die Folter des Schlafentzugs. Der Häftling musste stunden- bzw. tagelang an einer mit Mehl markierten Stelle stehen und durfte sich nicht bewegen und konnte somit auch nicht schlafen. Heute sind diese Zellen teilweise Gedenkstätten für einzelne Personen, die in ihnen starben, sowie der evangelische Pfarrer Paul Schneider. Er verbrachte 14 Monate in einer dieser Zellen und predigte für die anderen Häftlinge. Nur mittels Gewalt konnten die Aufseher in zur Ruhe bringen, doch seinen Willen konnten sie nicht brechen. Er wurde am 18. Juli 1939 durch eine Giftspritze in einer der Arrestzellen ermordet. Heute hängt ein Bild von ihm in seiner Zelle und es liegen Blumen darin. Jeder kann Blumen in die Zellen legen, wenn er sich vorher anmeldet.
Nun gingen wir in das Lager hinein. Vor uns lag, auf den ersten Blick nicht zu erkennen, der Appellplatz und dahinter der Bereich der Schabracken. Die Umrisse der Schabracken sind gekennzeichnet und mit dunklen oder hellen Steinen gefüllt, um den Menschen zu gedenken, die hier diese Grausamkeit erleben mussten.
Wir liefen weiter zu einem Denkmal. Wir standen vor einer quadratischen Platte, in der in alphabetischer Reihenfolge die Namen der Völkergruppen, welche im Lager waren, eingraviert sind. Der erste Eindruck verwirrte uns: eine Platte auf dem Boden soll an die Opfer dieser Zeit gedenken?! Und diese gerecht würdigen?!
Doch dann bat uns der Mann die Platte mit den Händen zu berühren. Wir knieten uns nieder und fühlten eine angenehme Wärme, da die Platte ungefähr Körpertemperatur hat. Um dies zu fühlen, muss man sich niederknien und somit verbeugt man sich vor den Opfern und fühlt deren Leben in Form dieser Wärme. Dieses Denkmal beeindruckte uns alle und wir waren uns einig, dass es ihnen zwar nie gerecht wird, denn kein Denkmal kann je einem Menschenleben gerecht werden, doch es würdigt sie und erfüllt dadurch seinen erwünschten Zweck.
Nun kamen wir zu unserem letzten und schrecklichsten Teil der Führung, wir gingen zu dem Ort des Todes im Lager. Der Führer bat uns, im Gedenken an die schrecklichen Dinge, die hier geschehen sind, zu schweigen. Wir liefen durch den pathologischen Raum, in dem den Toten die letzten verwertbaren Dinge genommen wurde (z.B. Organe, Goldzähnen usw.) und auf diesen Raum folgte ein leerer Raum, in dem ein riesiges Schwarz-weiß-Bild vieler Leichen hin...danach traten wir ins Freie und gingen in den nächsten Raum. In diesem Raum hingen Tafeln, die Menschen angebracht hatten, die in Buchenwald einen Freund oder einen Familienangehörigen verloren hatten. Dieser Raum war so erfüllt von der Trauer dieser Menschen, dass man nicht umhin konnte sich diese schrecklichen Ereignisse vor Augen zu führen und an das Leid jedes Betroffenen zu denken. Danach gingen wir in das Krematorium. Drei Öfen standen darin und nur wenige von uns konnten durch diesen Raum gehen, die anderen warteten lieber draußen und noch wenigere schafften es in den Raum, in dem die Opfer hingerichtet wurden.
Am Ende der Führung weinten viele und der Führer verabschiedete sich. In diesem Moment rückte die Gruppe zusammen und jeder fühlte ähnlich dem, was die anderen fühlten. Der Führer hatte geschafft uns nahe zu bringen, wie schrecklich diese Zeit war und wie wichtig es ist, sie nicht einfach zu vergessen.
Nach der einstündigen Führung fuhren wir dann in einer etwas gedrückten Stimmung zurück nach Landau, schauten auf der Fahrt noch einen Film und erreichten dann das MSG mit ein wenig Verspätung wegen Stau.
Lisa Flick, Lena Fluck, Veronika Christmann, Sofia Sinopidis, Svenja Gläßge, Deutsch LK MSS12