Besuch des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe im Sozialkundeunterricht (Klasse 10c)
Am 27. Mai 2010 war es soweit: Die Klasse 10c und Frau Hackländer fuhren nach Karlsruhe, um das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Hilfe von Herrn Meier, der Rechtspfleger im BVerfG seit 1978 ist, näher vorgestellt zu bekommen.
Herr Meier erzählte uns viele neue und interessante Sachen wie:
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) besteht aus sechzehn Richterinnen und Richtern. Der Bundestag wählt die eine Hälfte, der Bundesrat die andere. Für jeden Richter / jede Richterin beträgt das festgeschriebene Mindestalter vierzig Jahre und die Amtszeit 12 Jahre. Eine Wiederwahl ist nicht möglich. Jede/r hat vier wissenschaftliche Mitarbeiter, die über ein Jurastudium verfügen.
Das Gericht ist in 2 Senate aufgeteilt und jeder Senat enthält jeweils 8 Richter/Richterinnen. Der 1. Präsident und der Vizepräsident sind die jeweiligen Vorsitzenden der Senate. Die Senate sind gleichberechtigt, aber der 1. Senat beschäftigt sich mit den Grundrechten und der 2. Senat bearbeitet die staatliche Angelegenheiten (,,wenn es im Bundestag Krach gibt'', Herr Meier). In jedem Senat gibt es mehrere Kammern mit jeweils 3 Richtern/Richterinnen, die jedes Jahr neu gewählt werden. Sie entscheiden über Fälle, die schon einmal verhandelt wurden. 1978 wurden 2796 Verfassungsbeschwerden eingereicht. 2009 waren es 6508, dies zeigt die mangelnde Kommunikation der Bürger, die ihre Konflikte auf dem Rechtsweg lösen, wie Herr Maier kommentierte. Von den versuchten Verfassungsbeschwerden wurden nur 3 % angenommen. Es gibt kein Organ, das über das BVerfG wacht, seine Entscheidungen sind unanfechtbar. Das Bundesverfassungsgericht ist das oberste Gericht. Es wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes oder auch der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Das Gericht kann Gesetze für verfassungswidrig erklären.
Das BVerfG hat seinen Sitz in Karlsruhe und befindet sich in unmittelbarer Nähe des Karlsruher Schlosses. Das höchste Teilgebäude ist der Sitzungssaal, der für die Bürger sichtbar und transparent sein soll und somit aus großen Glasflächen besteht.
Herr Meier erzählte uns die skurrilen und erfinderischen Versuche der Leute ihre Klage nach Karlsruhe zu bringen, z.B.:
1. Ein Apotheker wollte eine Apotheke eröffnen. Der Antrag aber wurde abgelehnt, mit der Begründung, es seien schon zu viele Apotheken in diesem Ort vorhanden. Der Apotheker reichte Klage bei dem BVerfG ein. Er bekam Recht.
Denn Art. 12 (1) GG besagt:
„Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“
2. Ein Drogendealer, der von der Polizei lange Zeit verfolgt wurde und Heroin dealte, schluckte kurz vor der Festnahme die Bubbles mit dem Heroin.Der Polizist wusste nichts anderes als den Dealer zu einem Arzt zu führen, da der Polizist die Bubbels aus dem Körper des Dealers heraus haben wollte, egal auf welche Weise, da diese auch lebensgefährlich werden können, wenn sie platzen. Aber der Arzt teilte mit, dass diese zu weit im Körper festsäßen und er momentan nichts machen könne. Der Polizist forderte darauf einen „Kaiserschnitt“, um die Bubbels wieder zu bekommen, dieser wurde durchgeführt. Der Dealer musste zwei Wochen im Krankenhaus wegen dieser Operation verbringen. Nachdem der Dealer aus dem Krankenhaus herauskam, klagte er den Arzt und den Polizisten bei der Staatsanwaltschaft an, indem er sich auf Art. 2 (2) GG berief:
„Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
Alle vorherigen Instanzen (Gerichte) wiesen den Fall ab. Als dieser aber beim Bundesverfassungsgericht ankam, fragten die Verfassungsrichter beim Frankfurter Zoll nach. Dieser zeigte dem Bundesverfassungsgericht eine harmlosere Art des Entwendens der Bubbles, indem die Dealer in eine Zelle eingesperrt werden und die Polizisten auf den Stuhlgang von ihnen warten und ein Arzt den Dealer regelmäßig untersucht, damit die Bubbles nicht zur Lebensgefährdung werden.
Das Bundesverfassungsgericht musste dem Dealer Recht geben, denn sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wurde durch den operativen Eingriff verletzt:
Einem weiteren Mann war seine Gitarre gepfändet worden und nun beklagte er sich beim BverfG über die Verletzung dreier Grundrechte in seinem Fall.
Art. 4 GG:
„(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
In Artikel 4 des GG wird ihm Glaubensfreiheit gewährleistet, die durch die Pfändung nicht mehr gegeben sei, da er wöchentlich die kirchliche Jugendgruppe mit seiner Gitarre begleite!
Art. 8 (1) GG:
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Er fühle sich in seiner Versammlungsfreiheit eingeschränkt, da er bei den Ostermärschen jedes Jahr Lieder auf seiner Gitarre spiele.
Art 2 (1) GG:
„Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
Denn auch Artikel 2 des Grundgesetzes sah er in seinem Fall missachtet, da man sein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit nicht respektiere, denn er bräuchte sein Instrument täglich zu musiktherapeutischen Zwecken...
Die Klage dieses Mitmenschen wurde abgewiesen.
Dieser Ausflug hat allen Beteiligten großen Spaß gemacht und ebenso haben alle etwas Neues dazugelernt.
©Klasse 10c™